Der Berggorilla gehört wie die Schimpansen und die Orang-Utans zu den Menschenaffen. Diese Art ist stark vom Aussterben bedroht. Weltweit leben nur noch rund 880 Exemplare. Ihr letzter Lebensraum sind die Bergnebelwälder der Virunga Vulkankette.
Die amerikanische Forscherin Dian Fossey wurde durch ihre Berichte über die Berggorillas und den Film „Gorillas im Nebel“ weltberühmt. In Zusammenarbeit mit dem „International Gorilla Conservation Programme“ (IGCP), gegründet vom WWF und Fauna & Flora International, setzen wir einen Meilenstein zum Schutz des einzigartigen Ökosystems in dem diese Menschenaffen leben. Zahlreiche andere endemisch vorkommende Tiere und Pflanzen leben nur hier in den Vulkanbergen: so auch die ebenfalls vom Aussterben bedrohten Golden Monkeys. Sie leben in den Bambusregionen der Virunga-Berge.
Überwältigende Begegnung im Virunga Nationalpark
„Alles ok?“ fragt mich Jerome. Ich stehe mitten in einer kleinen Lichtung im Dschungel der Virunga-Berge. Keine zehn Meter neben mir sitzt ein Silberrücken und knabbert genüsslich an einer Selleriestange. Im Hintergrund klettern junge Berggorillas auf kleine Bäume hinauf bis sich die Äste unter ihrem Gewicht zu Boden biegen. „Ja“, antworte ich. Ich bin überwältigt.
Jerome ist heute unser Guide. Er hat zwei Briten und mich zur Berggorilla-Gruppe „Pablo“ geführt, die rund 30 Mitglieder umfasst. Genau eine Stunde dürfen wir bei den Gorillas bleiben und sie hautnah beobachten.
Vor zwei Tagen hat uns Safari, unser Fahrer, vom Flughafen in Kigali abgeholt. Für das Gorilla- Trekking starten wir in Kinigi, einer kleinen Stadt in der Nähe des Volcanoes Nationalpark. Safari holt mich bereits um 6 Uhr ab und bringt mich zur Nationalparkverwaltung. Dort wird meine vor Monaten beantragte Genehmigung überprüft und ich werde einer Gruppe zugeteilt. Pro Gruppe dürfen maximal 8 Personen mitgehen.
Im Schritttempo quält sich der Geländewagen über die holprige, steinharte „Straße“ hinauf. Die rund zweistündigen Fahrt verlangt sowohl vom Wagen als auch von uns einiges ab. Der Ausgangspunkt für die Wanderung führt über einen steilen Weg bergauf. Wir lassen die letzten Felder und Hütten hinter uns. An der Nationalparkgrenze angelangt klettern wir über eine Steinmauer. Dahinter eröffnet sich eine andere Welt: Umgeben von einem dichten Bambuswald müssen sich unsere Augen erst an die Dunkelheit gewöhnen. Der kleine Pfad schlängelt sich durch das Gebüsch. Des Öfteren bleiben wir stehen um Luft zu holen.
Wir bewegen uns über 3.000 Meter. Über das Funkgerät ist Jerome in ständigem Kontakt mit seinen Kollegen. Sie wissen wo sich die Berggorillas gerade befinden. Wir steigen immer höher, verlassen die Bambuszone und kämpfen uns durch das stechende, nesselige Gestrüpp. Zwei Stunden wandern wir schon, als wir die ersten Rufe der Gorillas hören. Jetzt sind wir ganz nahe. Unsere Rucksäcke lassen wir liegen und gehen weiter. Wie aus dem Nichts taucht ein Gorilla in einer Lichtung auf. In diesem Augenblick sehe ich zum ersten Mal einen Berggorilla: Sein dunkelschwarzes Fell hebt sich deutlich vom leuchtenden Pflanzengrün ab. Ich fühle mich bald wie ein Teil der Gorilla-Gruppe. Der Silberrücken Gicurasi ist wachsam. Dominante Männchen – Silberrücken – können bis zu 200 kg wiegen und 1,75 m groß werden. Ab und an bewegt er sich auf uns zu: Jerome grunzt dann beruhigend.
Schließlich: „Wir müssen gehen“. Jerome gibt uns noch ein paar Minuten. Wir verabschieden uns von der Gruppe. Diese eine Stunde ist viel zu schnell vergangen. Das Erlebnis wird mir aber immer in Erinnerung bleiben.
Michael Novoszad, September 2016